Ob internationale Unternehmen in der Airport-Stadt, Automotive Betriebe im Gewerbepark Hansalinie oder Forschungsinstitute im Technologiepark an der Universität – in Bremen finden Unternehmen das passende Gebiet und einen innovativen Branchenmix. In der Beitragsreihe „Standortlupe“ von Robert C. Spies stehen Bremens Gewerbelagen im Fokus. Nach dem „Bremer Kreuz“ wird im zweiten Teil das Bremer Güterverkehrszentrum (GVZ) genauer unter die Lupe genommen. Mehr als 160 Firmen mit über 8000 Beschäftigten und eines der höchsten Hochregallager Europas prägen das Bremer Güterverkehrszentrum. Im GVZ-Ranking 2020 kann Bremen seine Top-Platzierung unter den europäischen Güterverkehrszentren festigen und nimmt erstmals die Spitzenposition ein. „Platz eins ist eine deutliche Bestätigung für die Leistung, die hier erbracht wird“, sagt Martin Zunken, der beim Immobilienunternehmen Robert C. Spies für die Beratung von standortsuchenden Logistik- und Industriebetrieben zuständig ist. „Die Zahl der ansässigen Unternehmen und Beschäftigten ist überproportional hoch im Vergleich zur Konkurrenz.“ Das Ergebnis verdeutlicht auch die gute Arbeit der GVZ Entwicklungsgesellschaft und der Wirtschaftsförderung. Anhand von 38 Kriterien werden im Ranking Standorte verglichen, darunter Aspekte wie Nachhaltigkeit, Digitalisierung oder Managementleistungen. 400 Punkte waren zu erreichen, Bremen holte 362 und damit einen mehr als der vorherige Spitzenreiter, das Güterzentrum Quadrante Europa in Verona.
Pilotprojekt: Elektromobile City-Logistik trägt zum Erfolg bei
Die nachhaltige Arbeit an Konzepten für eine elektromobile City-Logistik hat der Hansestadt sicherlich Punkte verschafft. Seit September läuft in Bremen das Projekt „Urban BRE“, welches zum Ziel hat, den Lkw-Lieferverkehr in der Innenstadt zu reduzieren. So werden Pakete und Paletten ab Jacobikirchhof mit einem Elektro-Lastenfahrrad an Kunden verteilt. Neben der GVZ Entwicklungsgesellschaft wirken an dem Pilotprojekt der Logistiker Hellmann, die Deutsche GVZ-Gesellschaft mbH und das Unternehmen Rytle (Hersteller für Elektro-Lastenräder) mit. „Unsere Vision ist es, logistische Umschlagsplätze direkt in der City zu etablieren. So könnten Parkdecks oder andere logistische Umschlagsflächen von Anfang an in aktuellen Neubauplänen berücksichtigt werden. Ein Beispiel wäre hier das ZECH Projekt. Hier könnte man Güter dann vor Öffnung oder nach Schließung des Einzelhandels zentral anliefern und umschlagen“, beschreibt Kai Hasenpusch, Chief Commercial Officer Germany bei Hellmann Worldwide Logistics.
Multimodaler Standort als großer Vorteil
Neben dem vertretenen who is who der Logistikbranche ist das Gebiet durch einen Mix von Logistikdienstleistungsunternehmen, verkehrswirtschaftlichen Betrieben, logistikintensiven Industrie- und Handelsunternehmen sowie Servicedienstleistern gekennzeichnet. Ein geografischer Vorteil für ansässige Unternehmen ist unter anderem die optimale Lage zu den Seehäfen innerhalb der Nordrange. Der multimodale Standort stellt einen Riesenvorteil für die Logistikbranche dar: „Unternehmen schätzen vor allem die äußerst verkehrsgünstige Lage zum regionalen und überregionalen Straßennetz, dem Schienenverkehr, Wasser sowie Flughafen“, fasst Zunken zusammen. Auf dem 475 Hektar großen Areal stehen 1,3 Millionen Quadratmeter Hallenfläche zur Verfügung. „Vakante Flächen werden jedoch kaum auf dem Markt angeboten“, so der Industrieimmobilienberater über die seit Jahren vorherrschende Flächenknappheit. Eine rechtzeitige Erkennung der Engpässe sowie das Identifizieren und Analysieren aller relevanten Erweiterungsoptionen in enger Zusammenarbeit mit Politik und Stadtverwaltung ist laut Ralph Sandstedt, Geschäftsführer der GVZ Entwicklungsgesellschaft, die stetige Aufgabe. Denn für Unternehmenskooperationen sei die räumliche Nähe entscheidend. „Aus diesem Grund werden als logische Erweiterungsflächen für das GVZ neben dem Industriepark auf der anderen Weserseite auch der Neustädter Hafen sowie das Gebiet Niedervielland III identifiziert. Es gilt, alle relevanten Erweiterungsoptionen in Betracht zu ziehen und in ihrer Umsetzung zu überprüfen“, sagt Sandstedt. Auch könne das Bauen in die Höhe aufgrund der Flächenknappheit und der natürlichen Restriktionen im Stadtstaat Bremen eine Rolle spielen. „Innovative Logistikkonzepte in Kombination mit zukunftsorientierter Immobilienbauweise könnten insbesondere im E-Commerce einen Beitrag leisten“, meint Ralph Sandstedt.
Zukunftspotential: Koppelung mit Industriepark
Geplant ist eine Kopplung der Gewerbegebiete GVZ und Industriepark. „Hier spielt die zügige Vollendung der Weserquerung A281 eine entscheidende Rolle. Denn eine Entspannung für das GVZ kann es nur dann geben, wenn nach Fertigstellung des Ringschlusses A281 auf der anderen Weserseite noch ausreichende Flächenangebote vorhanden sind. Folglich sind alle relevanten Optionen zu untersuchen“, ergänzt der Geschäftsführer der GVZ Entwicklungsgesellschaft. Auch Martin Zunken sieht hier Potential: „Die Kopplung wird künftig einen deutlichen Mehrwert darstellen und die Region für Unternehmen noch interessanter machen.“ „Das GVZ in Bremen hat ganz sicher das Potential, in Europa zu einem Vorzeigeprojekt zu werden, wenn es gelingt, Güterströme außerhalb bewohnter Ballungszentren zu bündeln und durch smarte, digitale Konzepte Co2 neutral mit weniger Fahrzeugen in die Innenstadt zu liefern“, prognostiziert Kai Hasenpusch. „Auch der öffentliche Nahverkehr ins GVZ sollte in Citylogistik-Konzepten innovativ berücksichtigt werden. Die Auslastung der Busse in das Bremer GVZ ist natürlich dann besonders hoch, wenn die Menschen zur Arbeit müssen. Entsprechend sind Busse, die ab 9 Uhr aus dem GVZ in die Stadt zurückfahren, tendenziell leer und könnten für den Gütertransport genutzt werden. Dafür müsste man die Fahrzeuge innovativ gestalten, sodass man zum Beispiel die Sitzflächen hochklappen kann“, so der COO weiter. Doch ohne Partner sei das schwer: „Warten wir mal, was die Politik daraus macht.“ Unterschiedliche Schwerpunkte und individuelle Vorzüge prägen die zahlreichen Gewerbeareale in Bremen. Die ausgeprägte Verkehrsinfrastruktur des „GVZ Bremen“ mit KLV-Terminal und Hafenanbindung sorgt für große Wettbewerbsvorteile des Standortes.