... so oder so ähnlich lautete die freudige Aussage eines Käufers, nachdem der Notar den 24-seitigen Kaufvertrag über eine Neubaueigentumswohnung verlesen hatte und die Tinte getrocknet war. Auch wenn dieser Satz harmlos klingt, gibt er doch einen tiefen Einblick in das Rollenverständnis dieses Käufers: Ein Paradebeispiel dafür, wie sich manch einer nach dem Erwerb seiner Neubauwohnung fühlt – als weisungsbefugter Bauherr oder auch als selbsternannter Architekt, der sich bei seiner Wohnungsgestaltung kreativ selbst verwirklichen möchte.
Verstehen Sie mich nicht falsch, diese Beschreibung ist keinesfalls despektierlich gemeint – im Gegenteil, vielmehr sollte man allen Käufern, die eine Wohnung vom Papier weg kaufen, zunächst den nötigen Respekt zollen. Denn neben der nicht unerheblichen Investition zahlen sie dem Projektentwickler einen enormen Vertrauensvorschuss. Ferner sichern sie die für den Entwickler wichtigen Vorverkaufsquoten. Im Grunde sind diese Kunden moderne Pioniere, die einer in Hochglanzprospekten dargestellten Vision folgen und vertrauen. Der eingangs beschriebene Käufer ist ebenfalls ein Pionier – er hegt den nachvollziehbaren Wunsch, seine neue Immobilie individuell zu gestalten. So selbstverständlich er sich seinen Neuwagen online konfigurieren kann, verfolgt er diese Haltung auch bei der Wohnungsgestaltung und konfrontiert den Projektentwickler fortan mit vielen Sonderwünschen.
Dies ungeachtet dessen, dass ein – gemäß Baubeschreibung – bereits fertiges Produkt erworben wurde. Denn anders als beim Neuwagen bekommt er den Entstehungsprozess unmittelbar mit. Folglich fällt es ihm schwer zu verstehen, weshalb einige Wünsche aufgrund des Planungsvorlaufes nicht mehr umsetzbar sind, obgleich der Bautenstand vermeintlich noch nicht so weit zu sein scheint. Ein Projektentwickler tut sich einen Gefallen, gewisse Standards festzusetzen, die dem Käufer frühzeitig die Möglichkeit geben, das Produkt mit den eigenen Bedürfnissen abzugleichen. Ebenso sollte ein Entwickler etwaige Sonderwünsche antizipieren und hierfür idealerweise durchdachte Ausstattungslinien und Grundrissoptionen vordefinieren. Ein transparenter Zeitplan in Verbindung mit einer guten Kommunikationsstrategie führen den Käufer sicher durch den Prozess. Ferner kann er so eine plausible Absage seines Sonderwunsches entsprechend nachvollziehen. „Schatz, wir haben uns eine fertige Wohnung gekauft!“ – so sollte die Aussage nach der Vertragsunterzeichnung lauten.
Eine Kolumne von Sidney Cline-Thomas, Geschäftsführer der Robert C. Spies GmbH & Co. KG Hamburg