Es gibt Themen, die, wenn einmal aufgetaucht, einen festen Platz im gesellschaftlichen Diskurs einnehmen – und das in rasanter Geschwindigkeit. Bestes Beispiel: das Thema Nachhaltigkeit, dessen Rolle in den vergangenen Jahren und Dekaden immer größer wurde und somit auch im Immobilienkontext aus Planungen, Konzepten und Projekten nicht mehr wegzudenken ist.
Während sich der Aspekt der Nachhaltigkeit bei Wohnimmobilien primär in einer optimierten Energiebilanz des Gebäudes und der einzelnen Wohneinheiten manifestiert, stehen im gewerblichen Sektor eine Vielzahl anderer Faktoren im Vordergrund. Richtet sich der Blick beispielsweise auf den Einzelhandel, so zeigt sich unweigerlich ein inzwischen unentbehrlicher Dreiklang aus Ware, Personal und Immobilie, der sich zum entscheidenden Erfolgsgradmesser entwickelt hat.
Moderne Handelsflächen, wie hier in Bremen-Oberneuland, leben heutzutage von der synergetischen Verbindung aus Architektur und Nachhaltigkeit. Diese Entwicklung wird einerseits von den Kunden erwartet und mit Treue honoriert, erfährt aber auch auf Investorenseite eine stetig zunehmende Bedeutung. // Foto: Robert C. Spies
Lebensmitteleinzelhandel: Die Nachfrage bestimmt das Angebot – auch beim Personal
Zwar hält der Hype um Bio- sowie um vegane Fleischersatzprodukte im Lebensmitteleinzelhandel (LEH) weiterhin an, was für langanhaltend gute Gewinnspannen sorgt, und auch im generellen Einzelhandel bilden Fairtrade-Artikel längst keine Nische mehr ab, dennoch ist es nach wie vor der Kunde, der die Regale füllt. Denn ob stationärer Einzelhandel oder E-Commerce, er entscheidet darüber, was wann und wo gekauft wird. Die maßgebliche Veränderung liegt also zunächst einmal im Bewusstsein über die Notwendigkeit, umweltverträglich einzukaufen. Entwicklungen wie diese bedingen die Warenqualität- und -produktion, das Packaging, die gesamten Lieferketten sowie eben auch den Ort des Einkaufens – allesamt Punkte, die daher stets unter Umweltschutzgesichtspunkten zu bewerten sind. Nachhaltigkeit ist schlichtweg kein Selbstläufer mehr, sondern ein quantifizierbares Qualitätsprädikat. Speziell der LEH hat deswegen bereits damit begonnen, sich immer mehr und immer professioneller auf den eingangs beschriebenen Dreiklang aus Ware, Personal und Immobilie einzustellen, da er sich zum potenziellen Erfolgsfaktor im deutschen Einzelhandel entwickelt.
Bauen im Einklang mit der Natur – nachhaltige Gewerbeimmobilien tragen auch zur Gewinnung und Haltung begehrter Fachkräfte bei, schließlich hat sich ein nachhaltiges Arbeitsumfeld zum relevanten Entscheidungsfaktor entwickelt. // Foto: pixabay.com
Der demografische Wandel führt ferner zu einem massiven Fach- und Führungskräftemangel, der auch diese gesamte Branche betrifft. Junge Nachwuchskräfte erwarten neben Entwicklungs- und Karrierepotenzialen sowie flexiblen Arbeitszeitmodellen inzwischen noch andere Inzentives, darunter möglicherweise die Arbeitsplatzsicherheit in einem „sauberen“ Unternehmen, das nachvollziehbar nachhaltig aufgestellt ist und dementsprechend handelt.
Büroimmobilien: Heute investieren für das Wirtschaften von morgen
Was für den Einzelhandel gilt, zieht sich ebenso durch die gesamte Wirtschaft beziehungsweise das Asset der Büro- und Gewerbeimmobilien. Dem Fachkräftemangel wird immer häufiger mit attraktiven Büros in ansprechenden Immobilien, die nachhaltig, also Taxonomie-konform sind und bestimmte ESG-Kriterien erfüllen, begegnet. Bestenfalls.
Der Kunde entscheidet nicht nur darüber, was er kauft, sondern auch wo er das tut. Das Thema Nachhaltigkeit tangiert daher längst den gesamten Lebensmitteleinzelhandel – und eben nicht nur die Produktpalette. // Foto: Brooke Cagle/unsplash.com
Doch welche Kriterien gelten für Neubauten und welche für den Bestand, dessen Wert vorrangig durch Transformationen bei gleichzeitiger Umsetzung von ESG-Kriterien nachhaltig gesteigert werden kann? Und welche möglichen KfW-Zuschüsse und -Darlehen können beantragt werden? Fest steht: In nahezu allen Neubau- und Bestandsimmobilien sind umfangreiche Maßnahmen zur Umsetzung von ESG-Kriterien notwendig, um zukünftigen Abwertungen entgegenzuwirken. Auf der Investmentseite zeichnet sich bereits ein signifikanter Spread zwischen einer nachhaltigen und einer nicht-ESG-konformen Immobilie ab. Glücklicherweise – und das gilt es zu betonen – sind die Möglichkeiten sehr vielseitig und der Nutzen selbst bei kleineren Unternehmungen sowie Investitionen deutlich spürbar; eine detaillierte und professionelle Beratung ist diesbezüglich ein erster unverbindlicher Schritt. Denn Nachhaltigkeit muss am Ende kein kostspieliger Ladenhüter sein. Vielmehr ist Nachhaltigkeit ein Must-Have für mehr Objektattraktivität.