Jens Wollesen ist Vorstandsmitglied bei der BLG LOGISTICS GROUP AG & CO. KG und verantwortet den Geschäftsbereich Kontraktlogistik.
Das Corona-Virus stellt die ganze Welt und auch die Logistikbranche vor ungeahnte Herausforderungen. Im Interview berichtet Jens Wollesen, Vorstandsmitglied bei der BLG LOGISTICS GROUP, über aktuelle Entwicklungen der Branche, einen intensiven Kundenaustausch und wie der unternehmerische Alltag in seinem Unternehmen gegenwärtig weiter geht.
#01
In den deutschen Logistikzentren herrscht derzeit vielerorts Hochbetrieb, denn die Prozesse für globale Lieferströme werden teilweise kurzfristig umgeplant oder sind unterbrochen. Inwieweit spüren Sie bei der BLG LOGISTICS GROUP aktuell Auswirkungen bzw. seit wann? Wie stark ist Ihr Unternehmen generell betroffen?
Spüren konnten wir es bereits im Februar, weil die Warenströme aus China nicht mehr reibungslos funktionierten. Die drastischen Auswirkungen auf unser Geschäft erleben wir seit Mitte März. Jetzt, im April, haben wir eine durchschnittliche Kurzarbeitsquote von rund 30 Prozent quer durch das Unternehmen.
#02
Wie stark sind jeweils die unterschiedlichen Dienstleistungsbereiche der BLG betroffen? Wo sehen Sie langfristig positive Effekte und in welchen Branchen eher kurzfristige Veränderungen?
Je näher wir der Automobilbranche sind, desto gravierender zeigen sich Auswirkungen. Wenn ein Automobilwerk seine Bänder abstellt und wir beliefern die Produktion, dann können wir nur sofort reagieren – und die betroffenen Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken. Demzufolge verlassen aber auch keine Fertigfahrzeuge mehr das Werk, wir transportieren nicht und so bekommt der Hafen keinen Exportnachschub mehr. Ähnliches gilt für unsere Handelskunden, die ihre Verkaufsflächen schließen mussten. Ausnahmen stellen unsere B2C-Aktivitäten, die logistische Unterstützung des Online-Handels, dar – hier läuft alles auf hohem Niveau weiter. Ebenso die Lebensmittellogistik.
#03
Zeigen sich die Auswirkungen in den verschiedenen Ländern und ganz speziell an den Standorten der BLG jeweils unterschiedlich?
Natürlich unterscheiden sich die Maßnahmen von Land zu Land. Manche Nationen haben einen kompletten Shutdown verhängt, andere arbeiten mit Reglementierungen, welche das Arbeiten unter Einschränkungen weiter möglich machen. Ansonsten ist die Situation eher branchenspezifisch.
#04
Zeichnet sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt schon ab, ob die BLG perspektivisch mit neuen Strategien oder auch neuen Geschäftsfeldern, z. B. Lebensmittel-/Kühllogistik oder Healthcare im weitesten Sinne, plant oder auch planen muss? Ist die Unternehmensführung schon dabei strategische Schlüsse zu ziehen oder gilt es vorerst kurzfristige Veränderungsprozesse zu planen?
Schön der Reihe nach – eins nach dem anderen. Im Augenblick ist erst einmal gefragt, als Kapitän auf der Brücke zu stehen, sichtbar zu sein und bei Bedarf auch im Maschinenraum mit Hand anzulegen. Darüber hinaus gibt es natürlich schon Ideen, was wir demnächst anders, besser oder zusätzlich machen wollen. Das ist allerdings nicht besonders Krisen-inspiriert, darüber denken wir immer nach…
#05
Was heißt das strategisch auch für Ihre zukünftigen Immobilienthemen? Kommt es zu Verzögerungen?
Die augenblickliche Situation ist ja eine sehr dynamische. Lieferketten und Warenströme verändern sich, gleichzeitig tauchen neue Bedarfe auf. Das müssen wir äußerst genau beobachten und uns darüber sehr intensiv mit unseren Kunden im Dialog austauschen – denn für unsere Kunden bauen und betreiben wir schließlich die Logistikzentren. Nicht zum Selbstzweck.
#06
Und wie geht der unternehmerische Arbeitsalltag bei der BLG derzeit weiter? Sind Arbeitsformen wie Home-Office bei Ihnen schon länger etabliert und welche Erfahrungen machen Sie damit?
Im administrativen Bereich haben wir mehrere hundert Arbeitsplätze „mobil“ gemacht. Die IT leistet gegenwärtig exzellente Arbeit und agiert unter Volllast. Es gibt zahlreiche neue und auch spannende Möglichkeiten, Meetings oder Abstimmungen ohne physische Treffen abzuhalten. Da wächst gerade das Wissen über virtuelle Optionen in hoher Geschwindigkeit. Sicherlich werden wir zukünftig einige dieser Möglichkeiten beibehalten. Ferner sind wir als Führungsteam sehr eng beieinander und in regelmäßiger Abstimmung zu allen aktuell erforderlichen Maßnahmen.