2029 soll sie final stehen, die direkte Verbindung zwischen den Inseln Fehmarn auf deutscher und dem Pendant Lolland auf dänischer Seite. Die Komplettierung der sogenannten Vogelluftlinie von Hamburg über Lübeck bis nach Kopenhagen wird aus infrastruktureller Sicht buchstäblich den Beginn einer neuen Zeitrechnung markieren, reduziert sich die Fahrzeit zwischen den Handelszentren schließlich um über zwei Stunden. Was für Urlauber eine willkommene Zeitersparnis sein dürfte, bedeutet für den Gewerbe- und Logistikmarkt sogar noch viel mehr, nämlich großes Potenzial für neue Perspektiven, neue Entwicklungen und neue Märkte.
Bestandsaufnahme: Aktuell verlaufen die Logistikströme in Richtung Skandinavien maßgeblich über die A7, die in ihrer dänischen Weiterführung zunächst die Hafenstadt Kolding passiert und anschließend über Kopenhagen und das schwedische Malmö verlaufend das Einfallstor nach Skandinavien bildet. Dementsprechend finden Ansiedlungen und insbesondere auch Neuansiedlungen von Logistikern und Spediteuren bislang vornehmlich entlang dieser Route und auf dänischer Seite speziell im Einzugsgebiet der Zentren Kolding, Köge und Kopenhagen statt.
„Mit Fertigstellung des Fehmarnbelttunnels werden sich die Wege deutsch-dänischer Lieferketten gravierend verändern, denn aufgrund der signifikanten Zeitersparnis wird die Route Richtung Kopenhagen und Schweden dann primär über Lolland, Maribo und Köge verlaufen“, skizziert Björn Sundermann, Geschäftsführer der Robert C. Spies Industrial Real Estate GmbH & Co. KG in Bremen, die zukünftigen Veränderungen.
Der Spezialist für Logistikimmobilien sieht gemeinsam mit seinem achtköpfigen Team daraus resultierendes hohes Potenzial für Neuansiedlungen von Logistikimmobilien entlang der Wegstrecke: „Bestehende und auch neue Gewerbegebiete werden in den Fokus von Betreibern und Investoren rücken – und das nicht erst nach der Fertigstellung des Tunnels. Flächen werden schließlich händeringend gesucht. Auf deutscher Seite ist die A7 bis Flensburg quasi ‚ausgebucht‘“, so Sundermann weiter.
Das Bremer Beratungshaus Robert C. Spies, mit spezialisierter Gesellschaft für Logistikimmobilien unter Björn Sundermann und eigenem Standort in Kopenhagen in Form der Robert C. Spies Nordics ApS, verzeichne ferner starke Weiterentwicklungs- und Veränderungsprozesse sowohl bei Warenströmen als auch bei der Wahrnehmung der hohen Relevanz eines funktionierenden Logistiknetzes für das tägliche Leben. Die Corona-Pandemie hätte deutlich gezeigt, wie elementar Logistik und ein funktionierender Warenverkehr für die Gesellschaft sind. Und das hinsichtlich aller Waren, also sowohl in Bezug auf die Versorgung der Industrie als auch die Versorgung der Endkonsumenten.
Die Zahlen, die das Unternehmen kürzlich für die vergangenen zwölf Monate vorgelegt hat, sprechen diesbezüglich eine eindeutige Sprache: „Mit Blick auf Bremen und das direkte Umland hat der Markt für Logistik- und Industrieflächen das Jahr 2021 mit einem herausragenden Ergebnis abgeschlossen. Mit einem generierten Flächenumsatz von rund 405.000 m² liegt es 34 Prozent über dem Vorjahresergebnis – und auf dem gleichen Niveau wie das Rekordjahr 2019“, berichtet Sundermann. So übertreffe das diesjährige Ergebnis auch den Fünf-Jahres-Mittelwert von 285.400 m² deutlich um fast 120.000 m², was einem Zuwachs von rund 42 Prozent entspricht. Ausschlaggebend für das dynamische Jahr 2021 sei die Vielzahl an getätigten Abschlüssen gewesen.
Bremen beziehungsweise der deutsche Markt bildet diesbezüglich keine Ausnahme. Im gesamten europäischen Raum erfahre die Logistikbranche, laut Sundermann, eine immer höhere Bedeutung, was sich in einer konstanten Zunahme der Nachfrage nach Flächenopportunitäten niederschlage. Parallel entwickle sich der Investmentmarkt in dieser Assetklasse seit Jahren überdurchschnittlich positiv, Renditen befänden sich im Sinkflug. Das Ergebnis: Produkte sind rar, die Nachfrage sehr hoch.
Für die Logistikimmobilienbranche resultiert daraus folgendes: Neben den starken europäischen Märkten, zu denen Großbritannien, Deutschland, die Benelux-Staaten, Spanien und Italien gehören, rücken nun auch Märkte wie Österreich, Schweiz oder eben der skandinavische Raum immer weiter in den Fokus von Nutzern, Betreibern und Investoren. Der Fehmarnbelttunnel eröffnet somit neue Perspektiven auf eine Entwicklung, die sich bereits rasant vollzieht.
Als eines der ersten konkreten Beispiele kann der Maribo Business Park in der dänischen Gemeinde Lolland herangezogen werden, der sich nur knapp 20 Fahrminuten von der zukünftigen Fehmarnbelt-Querung entfernt befindet – und bereits erste Unternehmen für sich gewinnen konnte. „Hier entwickeln und vermarkten wir für einen privaten Eigentümer ein bis zu 90 ha großes Gewerbegebiet. Das enorme Potenzial dieser Fläche, insbesondere für Logistiker, lässt sich heute schon abzeichnen und wird uns durch das Interesse an den Flächen, sowohl von dänischer als auch von deutscher Seite, bereits zurückgespiegelt“, so Sundermann abschließend.
Vollkommen unumstritten war der Fehmarnbelttunnel – ganz in der Tradition derartiger Großprojekte – zu keinem Zeitpunkt. Unbestreitbar scheint dafür aber sein Schatten zu sein, den er schon heute auf die Logistikimmobilienlandschaft im norddeutschen und im angrenzenden skandinavischen Raum wirft. Nicht nur unterirdisch dürfte hier in den kommenden Jahren also viel passieren.